Ab durch Mitte

Seit Dezember 2020 verbindet die U-Bahnlinie 5 durchgängig die östlichen Stadtbezirke Berlins mit der historischen Mitte, dem Regierungsviertel und dem Hauptbahnhof. Wer bis zum Dezember letzten Jahres Lust hatte, eine Sightseeing-Tour durch die historische Mitte Berlins zu machen, konnte das etwas angestrengt per Fuß tun oder bequem im Doppeldeckerbus 100. Jetzt gibt es auch die Möglichkeit, die U-Bahn auf der neuen Teilstrecke zwischen Alexanderplatz und Brandenburger Tor dafür zu benutzen. Dann könnte man unterwegs an drei Stationen aussteigen, um zu den Sehenswürdigkeiten zu gelangen.

Das werden sicher die Touristen, die hoffentlich wieder bald Berlin besuchen können, zu schätzen wissen. Den weit größeren Nutzen durch das Projekt „Lückenschluss U5“ haben allerdings diejenigen aus den östlichen Stadtbezirken. Ohne am Alexanderplatz umsteigen zu müssen, erreichen sie nun nicht nur das historische Zentrum, sondern auch das Regierungsviertel und den Hauptbahnhof. Die U-Bahnlinie 5 durchgängig zu machen, kostete dem Bauherrn, die Berliner Verkehrsbetriebe, 525 Millionen Euro aus Mitteln des Landes Berlin und des Bundes. Für das Teilstück entstand ein 2,2 Kilometer langer U-Bahntunnel, sodass die gesamte Länge der U5, einschließlich der U55 vom Brandenburger Tor zum Hauptbahnhof, nun 22 Kilometer beträgt.

Während beim größten Teil der ursprünglichen, historischen Strecke vom S- und U-Bahnhof Alexanderplatz bis zum U-Bahnhof Tierpark die offene Bauweise praktiziert werden konnte, mussten Tunnel gebohrt werden, und dies zum Teil durch sandigen Boden unter der Spree hindurch, eine anspruchsvolle Bauaufgabe. So kam für den größten Teil der neuen Strecke nur ein Tunnelvortrieb infrage und die so genannte Bärlinde, eine Tunnelvortriebsmaschine, zum Einsatz. Diese „fahrende Fabrik“ bohrte sich innerhalb von zwei Jahren nicht nur unter der Spree, dem Spreekanal und dem Boulevard Unter den Linden hindurch, sie bewerkstelligte neben dem Vortrieb für die zwei Röhren auch den Tunnelrohbau mit den Betonfertigteilen. Der dabei anfallende Abraum einschließlich dem gesamten Baumaterial von über 250 Tausend Tonnen wurde per Schiff über die Spree abtransportiert. So konnten unendlich viele LKW-Fahrten durch die Berliner Mitte vermieden werden. Zum Projekt „Lückenschluss U5“ gehörte darüber hinaus die Instandsetzung des 90-jährigen Tunnels zwischen dem U-Bahnhof Alexanderplatz und dem U-Bahnhof Rotes Rathaus, einem der drei neuen U-Bahnhöfe neben den Stationen Museumsinsel und Unter den Linden.

Reinhard Wahren

 

12 - Frühjahr 2021