Wer heute einen Handwerker bestellt, muss sich in aller Regel gedulden. Denn die zu wenigen personell gut aufgestellten Betriebe können die Nachfrage kaum decken. Das wird sich wohl auch in Zukunft nicht ändern. Fehlt es, bedingt durch den demografischen Wandel, bereits heute in diversen Branchen an gut ausgebildetem Personal, so ist die Lage speziell im Handwerk besonders angespannt. Damit man wettbewerbsfähig bleibt, gilt es, den Wandel zu gestalten und mit guten Strategien erfolgreich um qualifizierten Nachwuchs zu werben.
Die Bevölkerung in Deutschland wird immer älter. Und wir werden immer weniger. Bis 2030 wird die Anzahl der Menschen im erwerbsfähigen Alter von 20 bis 65 Jahren laut aktuellen Prognosen um 4,4 Millionen zurückgehen. Die Auswirkungen auf das Arbeitskräfteangebot, speziell im Nachwuchsbereich, sind dramatisch. Die Veränderungen und Tendenzen in der Bevölkerungsentwicklung erfordern neue Maßnahmen, wenn es um Fachkräftesicherung geht. Hier sind die relevanten Themen unter anderem lebenslange Weiterbildung, längere Einbindung von Arbeiternehmerinnen und Arbeitnehmern ins Arbeitsleben und eine gut geplante Zuwanderung. Besonderes Augenmerk muss jedoch auf der Motivation und Gewinnung junger Menschen liegen. Speziell für die kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) aus dem Handwerksbereich ist es überlebenswichtig, bei der Rekrutierung von Auszubildenden erfolgreich zu sein, denn bei den Handwerksberufen zeigt sich der Nachwuchsmangel am deutlichsten. Es gibt nach wie vor zu wenige Bewerber auf zu viele offene Ausbildungsplätze.
Was sind heute aussichtsreiche Optionen für Schulabgänger, welches sind die zukunftsträchtigsten Berufszweige? Oft wird für diese Berufe ein Studium angestrebt. Das ist verständlich und für viele der Berufe auch erforderlich. So etwa für das Lehramt, als Techniker oder Ingenieur oder auch für einen der vielen Berufe in der Informationstechnologie. Aber es geht auch ohne Studium. In vielen Ausbildungsberufen, die dringend Arbeitskräfte brauchen, können sich junge Menschen auf einen interessanten, entgegen landläufiger Meinung häufig gut bezahlten und sinnstiftenden Beruf vorbereiten. Dazu zählen Apotheker, Zahntechniker, Optiker, Gesundheits- und Krankenpfleger, Elektriker, Heizungsbauer und Klempner genauso wie Maler, Tischler, Bäcker, Landwirte und Gärtner.
Wie können nun Handwerksbetriebe den Ausbildungsnachwuchs für diese Berufe interessieren und finden? Welches sind die richtigen Mittel und Maßnahmen? Was kann ein guter Handwerksbetrieb hier richtig machen, wie spricht man die jungen Menschen am besten an? Zunächst sollte man sich gut über das Ausbildungsverhalten der Zielgruppe informieren, über deren Ansprüche und Wünsche und wo man die angehenden Azubis antrifft.
Natürlich gibt es bewährte klassische Methoden und Wege der Nachwuchswerbung wie etwa regionale und überregionale Ausbildungsmessen, bei denen ein Unternehmen auffällig in Erscheinung treten sollte. Auch im Rahmen einer Veranstaltung im eigenen Haus, etwa einem Tag der Offenen Tür, einer Betriebsbesichtigung oder einem Schülerprojekt, kann man die junge Zielgruppe kennenlernen. Eine beliebte Maßnahme ist auch das Sponsoring, beispielsweise einer Sportveranstaltung, bei der das Handwerksunternehmen mit einem Infostand vor Ort ist. Pressemitteilungen an relevante Redaktionen sind nach wie vor ein probates Mittel. Sie kommunizieren Neuigkeiten und Wissenswertes zur Branche und schaffen zusätzlich Aufmerksamkeit für den Betrieb. Somit ist die klassische Werbung in regionalen Medien, wie Stadtmagazinen im Print- und Onlinebereich mit thematischem Bezug nachhaltig und erfolgsversprechend. Ebenfalls wirksam sind zielgruppenspezifische Kampagnen auf Kinotickets oder in öffentlichen Verkehrsmitteln. Auf jeden Fall muss man als Betrieb auch auf den diversen Ausbildungsplattformen präsent sein.
Die beschriebenen Medien und Kanäle haben große Reichweiten und sind – obwohl schon seit Jahren bekannt und erprobt – durchaus erfolgsorientiert. Aber selbstverständlich reagiert die junge Zielgruppe am besten auf die Ansprache über die stark von ihr genutzten Online-Kommunikationskanäle, das heißt die diversen Social Media-Plattformen. Hier tauscht man sich aus, hier lässt man sich informieren und anregen. Facebook, Instagram, YouTube oder Twitter werden intensiv genutzt. Aber Vorsicht: Um als Wirtschaftsunternehmen auf der Suche nach Azubis in diesen Medien interessante, smarte und seriöse Botschaften zu generieren, braucht es ein besonderes Verständnis und die richtige Ausdrucksweise in Bild, Text und Ton. Wer an dieser Stelle auf Expertenwissen setzt, ist gut beraten.
Ebenfalls erwähnt sei das so genannte Recrutainment, die spielerische Gewinnung neuer Mitarbeiter. Der Ausdruck setzt sich aus den beiden Begriffen Recruitment und Entertainment zusammen und richtet sich besonders an die junge Generation, die mit Computerspielen aufgewachsen ist. Das Ziel ist hier ein unterhaltsames und eher lockeres Bewerbungserlebnis, etwa mit Online-Spielen zur Berufsorientierung, interaktiven Recruiting-Events oder Assessment Centern mit Simulationscharakter. Die Methoden des Recruitainments helfen zu erkennen, ob Arbeitgeber und potenzieller Arbeitnehmer gut zusammenpassen.
Edith Döhring