In Berlin schmeckt’s

Vom Eckimbiss bis zum gestärkten weißen Tischtuch – in Berlin kann man es sich an immer neuen Orten schmecken lassen, und es gibt kaum einen Winkel, wo sich nicht die eine oder andere manchmal auch ungewohnte Köstlichkeit entdecken ließe. Unsere Autorin Susann Sitzler ist schon einmal vorgegangen.

 

Mal wieder Schwein gehabt

Es soll ja Menschen geben, die die Lust am Essen verlieren, wenn sie vorher zuviel auswählen müssen. Solche Gäste sind im „Schwein“ in Charlottenburg an der richtigen Adresse. Hier kann man sich aufs Spannendste überraschen lassen, ohne dass das Essen der einzige und abendfüllende Programmpunkt bleiben muss. Das sachlich-elegante Restaurant von Patron David Monnie, nach ein paar Jahren in Mitte jetzt wieder im Westen angesiedelt, bietet genau dafür einen optimalen Rahmen: Essen als Erlebnis mit immer neuen Sinnes- und Geschmackseindrücken. Und gleichzeitig so unaufdringlich, dass man bei allem Genuss auch in einem tiefsinnigen Gespräch mit der Begleitung nicht den Faden verliert.

In der Küche regiert der verwegene Perfektionist Christopher Kümper. Mit immer neuer Lust am Experiment verlangt er den erstklassigen regionalen Zutaten alles ab und akzentuiert sie in jeder einzelnen Zubereitung bis zum Maximum. Dabei entstehen kleine Kunstwerke, in denen dezidierte Geschmäcker, Konsistenzen und Zubereitungen einander kontrastieren und ergänzen. Das funktioniert bei Bestellungen à la carte – und noch viel besser bei den Überraschungsmenüs. Sie verlaufen im Schwein so geschmeidig, energetisch und überraschend, dass man nach stundenlangem Tafeln erfüllt, inspiriert und gesättigt ist – aber niemals zu erschöpft oder bräsig, um nicht auch der Nacht noch eine gute Chance zu geben.. 

Schwein, Mommsenstraße 63, Charlottenburg.
Tel. 030/24 34 62 82, www.schwein.online
Geöffnet Mo – Sa ab 18 Uhr, Reservierung empfohlen. Sonntag geschlossen.
Vorspeisen ab 13 Euro, Hauptgang ab 23 Euro.
Überraschungsmenü 65 Euro (4 Gänge).
Vegetarische Gerichte: ja, Vegane Gerichte: nein,
Behindertengerecht: nein

 

 


Silvia Taha (l.) und Vanda Molnar im Platz doch! [Foto: Phil Dera]

Slow Food auf Slowakisch

Es gibt Restaurantessen. Und es gibt Zuhauseessen. Der Unterschied liegt in der Art, wie die Kochenden ihr Werk präsentieren. Ob sie eher beeindrucken oder eher sättigen wollen. „Platz doch!“ ist ein Ort, wo sich beides mischt. Privates Essen an einem öffentlichen Ort. Definitiv von bester Restaurantqualität sind die Zutaten und auch die Menus, die die Betreiberinnen, zwei Freundinnen aus Bratislava, jede Woche frisch auf die Karte setzen: Herzliches Slow Food mit Schwerpunkt auf mittel- und osteuropäischen Traditionen. Das können zum Auftakt etwa eine zarte Weinsuppe sein oder gut gewürzte Topfenvariationen. Zum Hauptgang vielleicht ein Tafelspitz oder Lamm mit sämigem Pastinakenpüree. Für die Vegetarier ein solides Sellerieschnitzel. Dazu Naturweine von kleinen Erzeugern aus den passenden Regionen. Bunt zusammengewürfelt sitzen die Gäste des Abends an einem einzigen, langen Tisch in dem kleinen Souterrainlokal, das liebevoll mit Ästen und Baumrinden geschmückt ist und haben bis zum Dessert Zeit, Freunde zu werden. Den Namen des Lokals soll man dabei nicht falsch verstehen: Platzen muss im Platz doch! niemand. Sondern unbedingt Platz nehmen und ordentlich zulangen.

Platz doch!, Manteuffelstraße 48, Kreuzberg.

Tel. 030/69 56 78 66, www.platzdoch.de
Geöffnet Mi – So ab 18 Uhr, Reservierung empfohlen.
Menü (3 Gänge): 35 Euro plus Getränke
Vegetarische Speisen: ja, Vegane Speisen: nein,
Behindertengerecht: nein

 

 


Üppige Deko im Kaffee Karamell [Foto: kaffeekaramell.com]

Dubai in Berlin

Wer mit Orient nur den altbekannten Zauber von tausendundeiner Nacht verbindet, der verpasst eventuell etwas Schönes. Die moderne arabische Welt hat nämlich eine ganz eigene und neue Art von Glanz. Einen Hauch davon findet man nun auch in Berlin. Das Kaffee Karamell, angeschlossen an ein anonymes Apartmenthotel in einer entlegenen Ecke von Mitte, ermöglicht einen schillernden Eindruck von diesem neuen Wind: An der Wand prasselt kühl Kaminfeuer im goldenen Rahmen eines Riesenbildschirms. Die Wände sind üppig dekoriert, doch das elegante Mobiliar – dunkle Sessel, Samtvorhänge, goldene Raumteiler – verhindert, dass das Ambiente in Kitsch umkippt. Stattdessen balanciert es souverän auf dem Grat zwischen Glamour, Eleganz und einer Prise stylischer Barbie-Puppenstube. Die Sofaecken sind häufig ausgebucht: Sorgfältig zurechtgemachte Frauen feiern hier gerne mit ihren Freundinnen Geburtstag, üppig ausstaffierte Familien treffen sich in drei Generationen zum Lunch, gut frisierte junge Männer haben Wichtiges zu besprechen und laben sich dabei an den gigantischen Portionen von köstlichen Burgern, Wraps und Kuchen, die im Kaffee Karamell serviert werden. Wenn der Laden richtig brummt, und das ist fast immer, liegt hier definitiv ein Hauch von Dubai in der Luft – und das zu Berliner Preisen.

Kaffee Karamell, Scharrenstraße 22, Mitte.
Tel. 030/36 44 47 69, www.kaffeekaramell.com
Geöffnet täglich 7 bis 22 Uhr, Reservierung empfohlen,
Frühstück ab 4,90 Euro, Hauptgerichte ab 8,90 Euro
Vegetarische Speisen: ja, Vegane Speisen: ja,
Behindertengerecht: ja

 

 

10 - Sommer 2019