Es ist noch gar nicht so lange her, da waren Hunde hierzulande ganz selbstverständlich bei der Arbeit mit dabei. Denn auch sie hatten einen Job. Ob ziehen, jagen, aufspüren, bewachen, stöbern oder retten – die Aufgaben der vierbeinigen Arbeiter waren vielfältig und sicherten ihnen einen Platz ganz nah an der Seite des Menschen. Den ganzen Tag lang.
Doch im Laufe der Zeit änderte sich der hündische Alltag. Der Mensch zog ins Büro, sein Hund wurde arbeitslos. Nur noch wenige Vierbeiner durchstreifen heute mit Jägern das Unterholz, stöbern an Autobahnraststätten unerlaubte Substanzen auf oder bewachen die Herde ihres Arbeitgebers. Die meisten Artgenossen haben ihren Job verloren. Kaninchen jagen oder fremde Besucher verbellen ist vielleicht noch drin – aber selbst dafür hagelt es meistens Ermahnungen und Strafstunden in der Hundeschule.
Was ein Großteil der Hunde stattdessen können muss: geduldig zu Hause warten, bis Herrchen oder Frauchen nach Hause kommt. Das heißt, stundenlang alleine bleiben und sich ziemlich nutzlos fühlen. Im schlimmsten Fall wird aus Langeweile und Frust die Wohnung umdekoriert. Nach Feierabend ist zwar noch Zeit für eine Runde um den Block, trotzdem haben beide Seiten das Gefühl, irgendwie zu kurz gekommen zu sein. Wie gut, dass der Wind allmählich aus einer anderen Richtung weht. Immer mehr Menschen wollen ihren Hund nicht mehr den ganzen Tag lang abschieben. Immer mehr Arbeitgeber erkennen, wie nützlich Hunde am Arbeitsplatz sein können. Und immer mehr Vierbeiner bekommen einen neuen Job: Bürohund. Die Vorteile liegen auf der Hand und werden nicht nur vom Bundesverband Bürohund e.V. nachdrücklich betont.
Studien belegen, dass Hunde im Büro das Stress-Level der Mitarbeiter senken, für ein deutlich verbessertes Betriebsklima sorgen und Krankenstände, Depressions- und Burnout-Risiko minimieren können. Das liegt zum einen an der vermehrten Ausschüttung des glücklich machenden Kuschel-Hormons Oxytocin, an der wohltuenden Unterbrechung automatisierter Handlungsabläufe sowie dem kommunikativen Faktor, den ein Hund im Büro mit sich bringt. Auch die Gassi-Runde in der Mittagspause trägt zu einem gesteigerten Wohlbefinden bei. Ganz nebenbei werden auch die Attraktivität und das Image eines Unternehmens aufgewertet. Nach innen und nach außen. Ganz schön erstaunlich, was die flauschigen Kollegen so alles leisten können.
Allerdings ist die Umschulung zum Bürohund kein Selbstläufer. Denn im Job sind Mensch und Hund nicht wie früher allein auf weiter Flur. Die Arbeit im Team, im Großraumbüro oder im Umgang mit Kunden erfordert besondere Rücksichtnahme und einige Regeln. Nur so kann das Projekt Bürohund für alle zwei- und vierbeinigen Mitstreiter zum Erfolg werden. Wie das Zusammenleben am besten funktioniert, das ist von Betrieb zu Betrieb unterschiedlich. Bei dem einen laufen fünf Bürohunde den ganzen Tag munter durcheinander, bei dem anderen wird Rücksicht auf ängstliche Kollegen genommen. Während der eine Hund es liebt, von fremden Personen gestreichelt zu werden, schätzt der andere seinen gemütlichen Rückzugsort an der Heizung.
Einige Faktoren sollten schon vor dem Stellungsantritt des vierbeinigen Kollegen geklärt werden. Gibt es Allergien im Unternehmen? Versteht sich der Neuankömmling mit den vorhandenen Hunden? Wie entspannt ist sein Umgang mit Besuchern? Wo ist seine Anwesenheit willkommen, wo wartet er lieber draußen? Mit jungen Hunden kann das richtige Verhalten am Arbeitsplatz schon von Anfang an trainiert werden. Aber auch ältere Vierbeiner lernen meist schnell, was erlaubt ist und was nicht. Gegebenenfalls kann ein Trainer oder ein Experte vom Bundesverband Bürohund hinzugezogen werden. Der Aufwand lohnt sich. Denn mit vierbeinigen Kollegen arbeitet es sich schöner, abwechslungsreicher und gesünder.
Eve-Catherine Trieba