Nicht mit uns!

Die Experten von morgen für sinnvolle Lösungen rund um Gebäudetechnik [Foto: Thorsten Heideck]

Eine Wärmepumpe macht bei richtigem Einsatz aus einem Teil Strom vier Teile Wärmeenergie und holt sich dabei die anderen drei Teile aus der Umwelt, aus einem sogenannten regenerativem Reservoir. Wäre der Strom grün, würden außer für die Produktion der Komponenten selbst keine weitere CO2-Emissionen entstehen. So etwas würden wir in Zukunft gerne nur noch bauen.

Wir, das sind die Schüler von heute, die Azubis von morgen und die Gebäudetechniker von übermorgen, diejenigen, die jetzt eine Berufsausbildung machen oder anfangen und sinnvolle Technik in Gebäuden planen, installieren und betreiben wollen. Wir, das sind unsere Azubis bei der ST Gebäudetechnik in Potsdam. Gebäudetechniker müssen ein breites Aufgabenspektrum erfüllen. Jedes Gebäude wird ganzheitlich betrachtet! Heizen im Winter, kühlen im Sommer, warmes Wasser zum Duschen und ausreichend frische Luft vor allem in Klassen- und Büroräumen, überall WLAN und Tageslichtnutzung für Beleuchtungsaufgaben sind Gestaltungsaufgaben, die auch in Zukunft noch lange von Bedeutung sein werden. Möglichst CO2-neutral, was einen Wandel in der Erzeugung der benötigten Energiemengen erfordert.

Diese Aufgaben übernehmen Gebäudetechniker. Die Ausbildungsberufe dafür heißen: Anlagenmechaniker SHK, Mechatroniker für Kältetechnik, Elektroniker für Energie und Gebäudetechnik oder Technischer Systemplaner.

Den Wandel zu gestalten, haben wir längst begonnen. Energieeffiziente Technik wie Wärmepumpen beispielsweise in Kombination mit Eisspeichern, Solarthermie, Photovoltaik, Wärmerückgewinnungssystem in der Klimatechnik und vor allem eine bedarfsgerechte Regelung der gesamten Technik zu realisieren, sind unser Tagesgeschäft. Immer mehr davon einzubauen, wenn die Lebensdauer alter Geräte vorüber ist, steht außer Frage. Aber auch nachhaltig muss es sein, d.h. eine einmal installierte und im Betrieb befindliche Anlage muss nicht auf Teufel komm raus herausgerissen werden. Denn das gesamte dafür benötigte Material wurde unter hohem Energieaufwand hergestellt, zum Einbauort transportiert und letztlich mühsam zusammengeschraubt sowohl bei der Herstellung der Einzelteile als auch auf der Baustelle.

Gasheizung ad hoc zu verbieten, wäre deshalb nicht der richtige Weg zur CO2-Neutralität. Wie in jedem Umstellungsprozess muss es Übergangstechnologien geben. Eine Gasbrennwerttherme mit einem Wirkungsgrad von über 100 Prozent, bezogen auf den unteren Heizwert, ist vom Preis-Leistungs-Verhältnis das Optimum. Klein, kompakt ohne viel Speicher und Verteiltechnik, also relativ wenig Materialeinsatz, holt sie aus dem Abgas noch die darin enthaltene Wärmeenergie heraus. Seit Jahren schon wird diskutiert, wie durch das riesige Gasleitungsnetz ggf. Wasserstoff oder aber Biogas strömen kann, um die Infrastruktur weiter zu nutzen. Eine aktuelle Studie besagt, das 17 Prozent der Wohngebäude so versorgt werden könnten. Schon wieder ein Nachhaltigkeitsthema, einmal eingesetzte Ressourcen möglichst lange zu nutzen, bis bessere Alternativen technisch möglich, betriebswirtschaftlich sinnvoll und in ausreichendem Maße verfügbar sind.

Beim Heizungstausch spielen darüber hinaus viele Sachverhalte eine wesentliche Rolle. In den Großstädten Deutschlands gibt es riesige Wohnviertel aus der Gründerzeit, die auf engstem Raum tausende von Wohnungen beherbergen, ganze Stadtteile sind so gebaut. Einer der Sachverhalte ist hierbei die hohe Vorlauftemperatur des Wassers, mit dem die Heizungsanlagen betrieben werden müssen, weil trotz Sanierung in den 1980er- und 1990er-Jahren die Dimensionierung mit 70/55 °C vorgenommen wurde. Das war damals Stand der Technik. Der oben beschriebene gute Wirkungsgrad der Wärmepumpen basiert aber auf einem möglichst geringen Temperaturunterschied zwischen Wärmequelle und Heizungsvorlauf. Eine Luftwärmepumpe, bei der die regenerative Energiequelle die Umgebungsluft ist, hat im Winter bei minus 12 °C Außentemperatur und einer benötigten Heizungsvorlauftemperatur von 70 °C somit 82 °C zu pumpen. Diese Aufgabe übernimmt der in der Wärmepumpe enthaltene Kältekreis. Aber zaubern kann dieser auch nicht, weil bestimmte thermodynamische Sachzwänge Grenzen setzen. Hinzukommt, dass die überwiegende Mehrheit der heute gängigen Wärmepumpen keine 70 °C erreicht.

Wenn es dann doch Kraft Gesetzes flächendeckend Wärmepumpen sein sollen, würde es bedeuten: Wir stemmen denkmalgeschützte Fassaden ab, kleben Wärmedämmung drauf, machen die bunten historisch wertvollen Innenstädte zu Schuhkartonsiedlungen, bauen überall Niedertemperaturheizungen ein und brauchen dann auf den Innenhöfen Stellfläche für die Außeneinheiten der Wärmepumpen, deren Lärmbelästigung durch Schallpegeladdition unerträglich wird, geschweige denn, dass die Hofflächen ausreichen.

Da wir dann auch immer mehr Strom brauchen für Millionen von Wärmepumpen und parallel dazu für Elektroautos, stellt sich die Frage, mit welcher Übergangstechnologie der Strom erzeugt werden wird. Kohlekraftwerke sollten es jedenfalls nicht sein, dann wäre ja die Wärmepumpentechnologie auch ein Klimakiller.

Die Lösung dieser differenziert zu betrachtenden Probleme des CO2-Ausstiegs in der Gebäudetechnik kann deshalb nur vielseitig oder technologieoffen sein, wie man es derzeit öfters als Bezeichnung hört. Die Kombination aus PV-Anlage und Wärmepumpe mag für Einfamilienhäuser praktikabel sein, aber nicht für Gebäudekomplexe mit zwei Seitenflügeln und Hinterhäusern in den Großstädten, in denen 50 bis 60 Familien wohnen. Auch ein Windrad pro Dorf könnte auf dem Lande die Lösung sein, aber den Tiergarten in Berlin werden wir wohl nicht mit Windrädern ausstatten können. Echte Geothermie, die tief genug gebohrt wird, könnte Nahwärmenetze mit 70 °C Vorlauftemperatur versorgen. Ideen gibt es viele. Die Azubis von morgen wollen sinnvolle Dinge für den Klimaschutz tun. Kreativität und Freiraum im Denkprozess für diejenigen, die das Fachwissen besitzen, um diese Lösungen individuell für jedes Gebäude zu ermitteln, sind die besten Voraussetzungen dafür.

Andreas Neyen

Der Autor ist Geschäftsführer der ST Gebäudetechnik GmbH in Potsdam.

 

_allesfinden_