Hans-Peter Wodarz hat den dornigen Weg der deutschen Gourmetlehrlinge begleitet – und mit einem einfachen Trick den Bann der Ernsthaftigkeit gebrochen.
Enten pflastern seinen Weg. Und ein unerschütterlicher Optimismus. Hans-Peter Wodarz gehört zu jenen Menschen, die mitgeholfen haben, dass aus Deutschlands kulinarischer Wüste ein Biotop geworden ist, in dem das Sahnehäubchen seinen Gnadenplatz ganz hinten links in der Ecke hat.
Wir treffen uns in seinem Berliner Lieblingsrestaurant „Paris-Bar“, unser Gespräch wird zu einer Analyse der deutschen Lebenslust. Die fehlte in Deutschland, so stellte der Wiesbadener, der seine berufliche Laufbahn als Hotel-Page begann, vor Jahrzehnten fest. Heute ist der Koch, Gastronom und Veranstaltungsmanager 66 Jahre alt und kann mit Stolz behaupten, dass er so manch staubtrockenem Gast ein bisschen Lebensfreude verordnet hat.
Bekannt wurde Hans-Peter Wodarz durch seine Restaurants „Die Ente im Lehel“ in München und „Die Ente vom Lehel“ in Wiesbaden, und wenn er sich an diese Zeiten erinnert, hat er stets ein Bild vor Augen: „Die Gäste saßen da und haben Gourmet gelernt.“ Nicht etwa vergnügt und en passant, sondern mit deutscher Ernsthaftigkeit. Die deutsche Gründlichkeit ist bestimmt von höchster Wichtigkeit, wenn man Gasleitungen oder Brücken baut, beim Essen hingegen ist sie hinderlich. „Wir merkten schnell, dass unsere Gäste wenig Lebensfreude hatten. Sie kamen meist zu zweit und sprachen wenig.“ Dieses seltsame Verhalten hat Hans-Peter Wo-darz mit einem kleinen Trick besiegt und damit den Grundstein für die germanische Unterhaltungsgastronomie gelegt: „Wir haben im Mai 1985 beim Hessischen Staatstheater angerufen und einen Sänger und einen Schauspieler engagiert.“
Im Restaurant! Dürfen die das? Die Gäste waren erst erstaunt – und zehn Sekunden später begeistert. Damals muss Hans-Peter Wodarz erkannt haben: Gib den Gästen Seelenzucker! Leg den Schalter um und sorge dafür, dass Kunst und Menü exzellent sind, der Rest findet sich. Wie alle großartigen Ideen ist auch diese im Ursprung so verblüffend einfach, dass man sich hinterher fragt, warum es eigentlich so lange dauerte, bis jemand sie hatte.
Im Laufe der Jahrzehnte hat Hans-Peter Wodarz seine Idee kontinuierlich ausgebaut, „Gourmettempel“ sagt man heute nicht mehr, und wenn man für einen Abend 300 Euro oder mehr ausgibt, wird man nicht mehr für einen eitlen Spinner gehalten. Und wenn in Deutschland heute privat gekocht wird, geht es zwar immer noch gewissenhaft zu wie beim Bau des Sueskanals, aber die Lust am Guten ist häufig ebenso groß.
Wodarz’ Philosophie ist klar definiert: „Ich wünsche mir, dass meine Gäste gemeinsam lachen, gemeinsam anstoßen und gemeinsam applaudieren.“
Er freut sich über die erfolgreiche Bilanz seiner letzten Show „All you can sing“, die achte PALAZZO-Spielzeit in Berlin. Singende Kellner, Artisten und ein Viergang-Menü des Küchenchefs Kolja Kleeberg („VAU“) machten an 90 Abenden die Gäste glücklich. Mehr als 25 000 Gäste erlebten die Dinner-Show, die nächste startet am 10. November. „Besonders gefreut hat mich, dass wir zum 25. Jubiläum des Mauerfalls unseren Spiegelpalast direkt an der Berliner Mauer – zwischen East Side Gallery und O2 World – errichten und so die großartigen Feierlichkeiten hautnah erleben konnten.“
2015 ist für Hans-Peter Wodarz und sein Unternehmen ein Jahr der Jubiläen. Gefeiert wird gleich dreifach: Vor 40 Jahren eröffnete er „Die Ente im Lehel“ in München und legte damit den Grundstein zu seiner un-Ent-lichen Geschichte. 1985 feierte „Crazy Duck“ die erste Dinner-Show im Restaurant „Die Ente vom Lehel“ in Wiesbaden Premiere. Vor einem Vierteljahrhundert, im Jahr 1990, lud der Unternehmer zur ersten Show „Panem et Circenses“ im Spiegelpalast in München. Seitdem präsentierte er Brot und Spiele in verschiedenen Variationen mit „Pomp Duck and Circumstance“ – fröhlich, unterhaltend und fast immer mit Ente. Die haben sich die Gäste nach einer Pause vehement gewünscht. Und waren glücklich, als sie in der letzten Show wieder serviert wurde.
Silvia Meixner
Reservierung unter:
01806-388 883,
www.palazzo.org