Zerreißprobe. Kunst zwischen Politik und Gesellschaft

Endre Tót: Berliner Gladness, 1978, Schwarz-Weiß-Fotografie, je 30,3 cm × 23,7 cm, Leihgabe des Künstlers, Berlin
Bis 28. September 2025

Kulturforum,
Neue Nationalgalerie
Potsdamer Straße 50, 10785 Berlin
Di – Mi 10 – 18 Uhr, Do 10 – 20 Uhr, Fr – So 10 – 18 Uhr

Die Nachwirkungen von Holocaust und Krieg, die darauffolgende Aufbruchsstimmung, Emanzipationsbewegungen sowie der Kalte Krieg führten nach 1945 nicht nur zu Spannungen innerhalb der Gesellschaft, sondern auch zu fundamentalen Neuausrichtungen in der bildenden Kunst. Titelgebend für die Sammlungspräsentation ist die radikale Performance des Wiener Aktionisten Günter Brus aus dem Jahr 1970, in der er sich bis an seine körperlichen Grenzen dem Zug von Stahlseilen aussetzte. Brus verwies dabei ausdrücklich auf die starken Spannungen zwischen Gesellschaft, Politik und Kunst. Der Begriff „Zerreißprobe“ steht übergreifend für die radikalen Auf- und Umbrüche in der Kunst nach 1945. Die Ausstellung spiegelt das Zeitalter des Kalten Krieges wider mit seinen ideologischen Konfrontationen zwischen Ost und West, zwischen traditionellen Kunstgattungen und neuen künstlerischen Techniken und Medien. 14 Kapitel greifen zentrale künstlerische wie gesellschaftliche Themen des 20. Jahrhunderts auf, etwa die Frage nach Realismus und Abstraktion, Politik und Gesellschaft, Alltag und Pop, Feminismus, Identität oder Natur und Öko-logie, das Prozesshafte und Performative. Zu sehen sind unter anderem lange nicht mehr gezeigte Hauptwerke der Sammlung der Nationalgalerie, wie Barnett Newmans „Wer hat Angst vor Rot, Gelb und Blau IV (1969/70) oder Francis Bacons „Porträt der Isabel Rawsthorne in einer Straße in Soho stehend“ (1967). Zugleich erweitert die Ausstellung den Blick auf die bewegte Nachkriegsära mit Arbeiten von Judit Reigl oder Bernadette Bour, die bislang nicht zum kunsthistorischen Kanon gehörten und bisher kaum wahrgenommen wurden. Gezeigt werden Gemälde, Objekte, Fotografien und Videoarbeiten aus der Bundesrepublik und der DDR, Westeuropa und den USA sowie aus den damaligen sozialistischen Staaten. Kunstwerke aus Ost- und West erscheinen nicht getrennt voneinander, sondern sind zusammen ausgestellt. Zu sehen sind Werke von Marina Abramović, Francis Bacon, Lee Bontecou, Rebecca Horn, Valie Export, Wolfgang Mattheuer, Louise Nevelson, Bridget Riley, Pippilotti Rist, Carolee Schneemann oder Andy Warhol.